Integrationsprojekt mit Licht und Schatten

Zugegeben: An der deutschen Wiedervereinigung klebt noch das Blut ihrer Geburt.
Trotzdem unternahm die avantgardistische Schachabteilung des SV Bannewitz bereits jetzt den vielleicht verfrühten, auf jeden Fall aber wagemutigen, Schritt der Integration westdeutscher Spieler in ihre Reihen.
Zu begrüßen ist dieser Versuch auf jeden Fall, halten sich andere Vereine im Osten der Republik doch merkbar mit solch offensiven freundschaftlichen Vorgehen gegenüber ihren Artgenossen im Westen zurück.  Da werden lieber fünf weitere Weißrussen oder Ukrainer integriert, anstatt sich dem Näherliegenden zu widmen.
Erfolg war dem Projekt jedoch auch in Bannewitz nur im Mittelmaß beschieden. Gerade weil sich ein FM, sicher auch seiner Spielstärke geschuldet, geräuschlos in die alte Garde einreihen ließ, überzog man mit dem nächsten westdeutschen Integrationsobjekt, Max Reuschebart, die Belastungsgrenzen des Vereins gnadenlos.
Dabei fing alles harmlos an. Max Reuschebart nahm regelmäßig am Spielbetrieb der Bannewitzer teil, seine angeborene westdeutsche Arroganz verstand er gut zu überspielen, punktuell konnte man sogar Anflüge von Sympathie für den jungen Mann wahrnehmen.
Wie das Gros der Vereinsmitglieder wirklich dachte, wurde erst bei der Wahl des Mannschaftsleiterpostens deutlich, für den das westdeutsche Greenhorn ahnungslos kandidierte.
Mit 55 % lehnte die deutliche Mehrheit einen Migranten als Mannschaftsführer ab bzw. bestritt sogar, den Kandidaten überhaupt zu kennen. Selbst nicht mehr aktiv im Verein spielende ehemalige Schachspieler taten ihren Unmut über die Kandidatur offen kund.
Trotzdem ist das Ergebnis nicht gänzlich hoffnungslos.
Zum einen gab es eine nicht kleine Anzahl Vereinsmitglieder, die zwar nicht wählten, sich hinter vorgehaltener Hand aber einen Max Reuschebart als Mannschaftsleiter hätten vorstellen können. Freilich wurden ihre vorsichtigen Stimmen (noch) von den Urgesteinen des Vereins niedergewalzt. Die Situation kann aber bereits in 5 – 10 Jahren eine ganz andere sein.
Zum anderen macht Mut, dass der mit 11 Jahren jüngste Wähler offen für Reuschebart votierte.
Andere ostdeutsche Schachvereine sollten sich vom Rückschlag in Bannewitz jedenfalls nicht entmutigen lassen und sich durchaus selbst die Rüstung des Integrations-Frontiers überwerfen.
Mag sein, dass noch ein oder zwei Jahrzehnte ins Land gehen müssen – aufzuhalten wird das Zusammenwachsen von Ost und West jedoch nicht sein.


 

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